Sonne satt und ausreichend Fläche sowie vorhandene Erdgasressourcen bieten reichlich Potenzial zur Erzeugung von Wasserstoff in der Golfregion. Daher wird Wasserstoff auf lange Sicht einen Teil der Öl- und Gasexporte aus der Golfregion (zum Beispiel aus Saudi-Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten) ersetzen.
Die globalen Klimabemühungen versprechen zukünftig eine große Wasserstoffnachfrage. Bei gleichzeitig sinkender Nachfrage nach fossilen Energieträgern kann die vorhandene Öl- und Gasinfrastruktur zunehmend für den Export von Wasserstoff genutzt werden. Außerdem begünstigen ideale Voraussetzungen für Photovoltaik und der Zugang zu Erdgas die Produktion von grünem bzw. blauem Wasserstoff in der Golfregion (siehe dazu auch unsere Frage des Monats März 2020: Was bedeuten die Farben von Wasserstoff?).
Die Öl- und Gasindustrie – das wirtschaftliche Standbein der Golfstaaten
Derzeit finanzieren die Golfstaaten ihren Staatshaushalt hauptsächlich durch Einnahmen aus dem Öl- und Gassektor. Wirtschaft und somit auch politische Struktur und Stabilität sind also von dieser Industrie abhängig. Mit zunehmendem Druck aufgrund der bevorstehenden Klimakatastrophe und der Einsicht, dass sich das fossile Zeitalter dem Ende neigt, wollen sich die Golfstaaten darum bemühen, ihre Wirtschaft zu diversifizieren.
Eine vollständige Abkehr von fossilen Energieträgern bedeutet dies aber zunächst nicht. Zumal sich Prognosen einig sind, dass die Nachfrage bis 2050 zwar sinken, aber nicht vollständig schwinden wird (siehe dazu die aktuelle Analyse von Energy Intelligence). Vielmehr sollen die Fossilen als Mittel dienen, um die Dekarbonisierung zu finanzieren. Teil der Dekarbonisierung ist der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft, in die bereits einige Investitionen fließen. Im Rahmen des saudischen Leuchtturmprojekts „Neom“ soll beispielsweise bis Ende 2026 die weltweit größte Anlage zur Produktion von grünem Wasserstoff entstehen (600 Tonnen/Tag). Mit dieser Menge könnten etwa 3,5 % aller deutschen PKW ein Jahr lang mit Wasserstoff betrieben werden. Somit wird Wasserstoff in der Golfregion als Möglichkeit betrachtet, sukzessive die Rolle der Fossilen zu übernehmen und dadurch weiterhin das wirtschaftliche Auskommen zu sichern.
Dekarbonisierung trotz fossiler Energie?
Neben Erneuerbaren Energien und Wasserstoff werden auch Dekarbonisierungsmaßnahmen in der konventionellen Energiewirtschaft eingesetzt, um Emissionen zu senken, beispielsweise:
- Energieeffizienzmaßnahmen und erneuerbare Energiequellen bei der Förderung und Aufbereitung von Öl und Gas
- Detektieren und Reparieren von Erdgaslecks (Methan, der Hauptbestandteil von Erdgas, hat ein ca. 25- bis 30-fach höheres Treibhausgaspotenzial als CO2)
- Verringern von Erdgasfackeln durch optimierte Betriebsabläufe oder Nutzung des Erdgases
- Vermeiden von schwer erschließbaren, emissionsintensiven Öl- und Gaslagerstätten
- Abscheiden von CO2 aus Abgasen und der Umwelt mit anschließender unterirdischer Speicherung (Carbon Capture and Storage) oder Nutzung, beispielsweise als Ausgangsstoff in der Chemieindustrie oder zur Synthese von E-Fuels (Carbon Capture and Utilization)
Zusätzlich zu den oben genannten Maßnahmen sollen die Emissionen auch in anderen Bereichen sinken. Zu nennen wären hier zum Beispiel Energieeffizienzmaßnahmen im Haushaltsbereich oder Schritte hin zu nachhaltiger Mobilität (ÖPNV & Elektromobilität).
Ausblick – Klimabemühungen und Wasserstoff in der Golfregion
Wie zweckmäßig die Klimabemühungen inklusive Wasserstoffstrategien der Golfstaaten sind, soll hier nicht beurteilt werden. Wie vielen anderen Ländern steht ihnen eine Mammutaufgabe bevor. Aber Fakt ist: Der Klimawandel lässt sich nur aufhalten, wenn alle Länder der Welt ihren Beitrag leisten. Seien es die Golfstaaten als Exportländer von fossilen Energieträgern oder die Importländer, die als Kunden für die Entwicklung der Nachfrage verantwortlich sind. Ganz nach unserem Motto: „Energiewende, gemeinsam, heute.“
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